Japanreise 2025 – Reisebericht Japan
Der Abflug
Die Japan-Reise begann recht unspektakulär, mit einer langen Zugfahrt, Wartezeiten am Flughafen und einer obligatorischen Verspätung des Fluges von Warschau nach Tokio. Auch wenn dies nicht nur meine erste Japanreise sondern ebenfalls meine erste Flugreise UND meine erste Reise ins europäische Ausland war, kam nicht besonders viel Aufregung auf. Aus der Sichtweise eines Ingenieurs war der erste Flug mit einem Flugzeug unglaublich faszinierend.
Flugzeuge sind in unserer Zeit nichts besonderes mehr, jedoch das erste Erlebnis mit einer von Menschenhand gebauten Flugmaschine durch die Luft zu fliegen ist eine faszinierende Erfahrung. Mit fast kindlicher Begeisterung hing ich am Fenster des Flugzeuges (das eher einem Bullauge auf Überseeschiff glich) und konnte das Spektakel direkt verfolgen. Aufgrund unserer Flugrichtung endete der erste Tag auch mit einem spektakulären Anblick: Grade als wir das kaspische Meer überquerten, ging die Sonne über den Wolken auf. Ein eindrucksvoll starkes, wenngleich ungemein beruhigendes Naturspektakel.
Ankunft in Japan
Der zweite Tag war ein sehr kurzer Tag: Der Tag im Flugzeug … Durch die Reiserichtung (in Richtung Osten), sind wir in der Zeit quasi nach vorne gereist. 12 Stunden Flug, auf einem eingeengten Flugzeug-Sitzplatz. Abends um 00:20 Abflug und trotzdem war bereits 21:00 Uhr bei der Ankunft in Tokyo nach einem 11-stündigen Flug. Der Physik-Nerd in mir hing sich an der Tatsache einer kleinen Zeitreise auf. Nach der Landung ging es zum Check-In nach Japan.
Wesentlich aufwändiger, als wenn man im Schengenraum umherreist, denn man muss mal was machen. Aber die Einreisekontrolle hat auch seine Richtigkeit. Anschließend ging es mit der Bahn nach Tokyo rein. An sich kein großes Abenteuer, aber wenn man die Schrift auf den Anzeigetafeln nicht lesen kann, ist die Aufregung für einen erfahrenen Bahnfahrer doch recht groß. Zum Glück gibt es für so was aber Goolge-Maps. Was mir jedoch besonders aus meinem Ninjutsu-Blickwinkel aufgefallen ist: Trotz der späten Stunde gab es quasi keine „komischen“ Leute auf den Bahnsteigen. Aus Deutschland bin ich es gewohnt, spät abends in der Stadt besonders aufmerksam Bahn zu fahren, aufgrund der doch recht zahlreichen Drogenabhängigen, betrunkenen und Obdachlosen. Etwas, dass ich an meinem ersten Tag in Tokyo nicht zu Gesicht bekommen habe.

Das erste Japan-Training
Der erste volle Tag mit Training. Begonnen hat es jedoch erst mit allen organisatorischen Vorbereitungen: Geld holen, die Suica Card aufladen (so eine Art Prepaid Kreditkarte, mit der man quasi überall bezahlen kann) und den Ort etwas besser kennenlernen. Frühstück konnten wir bei einem 7Eleven (angenehmer Weise direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite) kaufen. Dabei viel mir bereits auf, wie unglaublich viel Dinge in Plastik eingepackt sind. Und das teilweise doppelt und dreifach. Über zu viel Plastik-Verpackung können wir uns in Deutschland definitiv nicht beschweren.
Aber zurück zum eigentlichen Hauptereignis: Mein erstes Training im Honbu-Dojo. Unterrichtet hat Noguchi-Sensei. Das Training an sich war klassisch im Stil des altbekannten Bujinkan. Auch die Erzählungen über Noguchi-Senseis Trainingsstil trafen zu: Wir haben fast 30 verschiedene Kata in 1:30h Trainingszeit gesteckt. Dennoch hatte ich das Gefühl halbwegs gut mitzukommen. Das Hombu-Dojo als Ort war sehr beeindruckend. Viele Bilder und Andenken, die Soke über die Zeit gesammelt hat. Alles, was man sich an (historischen) Waffen vorstellen kann und natürlich viele Geschenke von anderen Leuten, die ausgestellt waren (unter anderem eine gigantische, aus Holz geschnitzte Plakete der Homeland Security Agency). Das Highlight war ein Miniaturmodell des Kamidana aus dem alten Honbu-Dojo, welches mit unglaublicher Hingabe zum Detail erstellt worden war (der Maßstab stand nicht dran, aber es war ca so groß wie eine DIN A 1 Papierseite).
Gegen Abend gab es noch ein „normales“ Training mit Rob. Wie üblich sehr anstrengend, wie üblich viel komischen Stuff gemacht, und wie üblich quasi nichts verstanden. Aber wie üblich wird sich das Training wohl in einem Halben Jahr deutlich bemerkbar machen. Zwischen den Trainings hatte Florian mir noch den ehemaligen, lokalen „Bujinkan-Hub“ in Matsuda gezeigt, inklusive des vollen japanischen Innenstadt-Feelings. Viele Große Mall-Gebäude (Sehr ähnlich der Galerie Luise in Hannover, aber unfassbar vollgestopft mit Geschäften und Spielhallen und sehr vielen bunt blinkenden Werbetafeln).
Das Bujinkan Hombu Dojo
An diesem Tag hat das erste mal der Jetlag voll rein-gekickt und ich habe fast verschlafen. Das erste Training des Tages war mit Rob und das war zum Glück bei ihm direkt zuhause. So musste ich lediglich von meinem Futon in die Dusche fallen und anschließend draußen im Vorgarten zum Training purzeln. Vom Inhalt her war das Training stark an den altbekannten Mustern ausgerichtet, von daher nichts Neues. Am Nachmittag ging es zu um halb 3 zu Nagato-Sensei ins Honbu-Dojo. Da es meine zweite Unterrichtseinheit im Honbu-Dojo war, stand die vorfreudige Anspannung weiterhin im Raum und die Erwartungen wurden aufgrund des sehr unterschiedlichen Unterrichtsstils von Nagato-Sensei (verglichen mit Noguchi-Sensei) auf jeden Fall erfüllt. Das Training war wesentlich freier und stärker auf die Natürlichkeit der Bewegungen ausgelegt.
Inhaltlich jedoch ziemlich genau das, was Rob unterrichtet. Allerdings wesentlich langsamer. Das quasi angekündigte Highlight war jedoch die Tee- und Fragepause zwischendurch. Hier konnten wir Nagato-Sensei alle möglichen Fragen stellen. Für die Zukunft muss ich hierfür jedoch noch die passende(n) Frage(n) finden. Den Abend haben wir in einem Ramenshop in Matsuda ausklingen lassen. Sehr japanisch und sehr lecker. Um den Jetlag etwas auszukurieren, war der Abend auch sehr ruhig. Reisetagebuch schreiben, Dehnen und Meditieren.

Auf zum Pokemon-Center
Der Tag startete wieder mit einem „Home-Training“ bei und mit Rob. Dafür wurde ein Ausflug in einen nahe gelegenen Park unternommen. Bei bestem Wetter und beginnender Kirschblüte konnten wir draußen Muto Dori trainieren. Der für anschließend eigentlich geplante Besuch bei Furuta-Sensei im Honbu-Dojo und der anschließend folgende Abstecher zum Bujinkan-Office (für die Urkunden und so…) fiel aufgrund eines Termins von Florian aus. Deshalb konnte ich mir die Zeit nehmen, alleine Richtung Tokyoter Innenstadt loszuziehen. Das Ziel war der Skytree Tower, besser gesagt das Pokemon Center in der Skytree Tower Mall. Ein super Erlebnis (Und es wurde auch die ganze Zeit Pokemon-Center-Musik gespielt), allerdings war es sehr voll und ein Porygon2-Plüschie konnte ich leider auch nicht ergattern. Anschließend stand noch etwas Shopping in den umliegenden Geschäften auf dem Plan. Der Trip war es allemal Wert.

Die Japan Touri Tour
Der Touri-Tag schlecht hin. Um 9 ging es los nach Asakusa. Florian versprach mir die volle Ladung klassischen Tourismus und er hat sein Wort gehalten. Beginnend am Asakusa-Kanon-Tempel. Eine riesige Tempelanlage mit mit wundervoll verzierten Gärten. Durch eine altmodisch gestaltete Einkaufsstraße führt der Weg durch ein gigantisches Tor (Tori) mit einem gigantischem Lampion (welcher ungefähr 3 Tonnen und damit mehr als mein Auto wiegt) hin zum Haupttempel. Alles ist wirklich in einem sehr schönen und gepflegtem Zustand. Aber natürlich kann man überall verschiedene Souvenirs und Andenken kaufen. Andenken und Glücksbringer kann man sogar im Tempel bei den Mönchen kaufen. Da in Japan für die Tempel keine Kirchensteuer erhoben und weitergereicht wird, finanzieren sich die Tempel und die Mönche über Spenden und eben das Verkaufen von Souveniren. Nachdem das Tempelgelände erkundet wurde, ging es weiter in die umliegenden Einkaufszentren. Viel verschiedene Souvenir- und Krimskramläden. Zwar alles Japanisch, jedoch unterscheidet sich die Tourismus-Erfahrung nicht von anderen Orten.
Nach dem Ausflug ging es direkt wieder nach Matsuda zum Training mit Rob. Besonders war, dass diesmal zwei seiner Japanischen Schüler dazugekommen sind. Ansonsten haben wir wieder den üblichen „Rob-Kram“ trainiert. Der Abend wurde noch einmal sehr aufregend: Die Bauchtanzschule von Robs Frau Hiromi hatte im nahegelegenen Restaurant einen kleinen Auftritt und wir wurden eingeladen, mitzukommen. Es gab während des Essens mehrere kurze Vorführungen von Bauchtanzeinlagen. Nach dem Essen gab es dann einen kurzen Abstecher in ein nahe gelegenes Billard Lokal (und ich bin mal wieder voll untergegangen -__-). Lerneffekt: Öfters mit den Jungs Billard spielen gehen.

Zwischen Training und Shopping
Der Tag startete wieder mit einem maximal verwirrenden Training bei Rob. Thema der Stunde war „Floating“. Zwar habe ich im Ansatz kaum etwas verstanden, allerdings hat es am Ende dennoch alles funktioniert. In sechs Monaten werde ich zu diesem Thema bestimmt schlauer sein. Der restliche Tag war ebenfalls bereits verplant. Es war schlechtes und regnerisches Wetter, was für einen Norddeutschen das klare Signal ist, nach draußen zu gehen und Sight-Seeing zu unternehmen. Gestartet sind wir in Shinjuku mit einem Besuch bei der Statue von Hachiko dem Hund. Hachiko wurde berühmt durch einen Bericht über Ihn. Der Hund hatte sein Herrchen stets morgen zum Bahnhof gebracht und abends abgeholt. Als sein Herrchen verstorben war, kam Hachiko dennoch morgens zur Station in Shinjuku und wartete dort, bis er selbst verstarb. Der Bahnhofswärter baute ihm zwischenzeitlich eine kleine Hütte. Ein Journalist kam eines Tages daran vorbei und erkundigte sich über die Geschichte. Berührt von der tiefen Loyalität und Disziplin des Hundes berichtete der Journalist über Hachiko, was den Hund zu einer weltweit bekannten Berühmtheit hat werden lassen.
Ihm zu ehren wurde an seiner ehemaligen Wartestelle eine Bronzestatue errichtet. Anschließend gab es wieder einen Shopping-Trip. Diesmal zum „Oriental Bazar“. Das ist ein kleiner Laden, der im Prinzip die typischen Souvenirs verkauft. Jedoch in einer sehr guten Qualität ohne den üblichen Touri-Preisaufschlag. Nachdem ich mich mit den letzten Souvenirs eingedeckt hatte, ging es für zum Meji-Schrein. Ein unglaublich großer und beeindruckender Schrein. In Anbetracht der Persönlichkeit, der der Schrein gewidmet ist, ist die Größe jedoch nachvollziehbar. Alles in allem eine wirklich beeindruckende Sehenswürdigkeit. Nach der Besichtigung ging es weiter nach Asakadai zu Nagato-Senseis eigenem Dojo. Das Training dort war etwas besser als im Honbu-Dojo, aber immer noch etwas fremdartig für mich.
Besonders irritiert haben mich die vielen von Sensei gemachten Drehungen bei den Eingängen in
die Techniken. Aber wie erwartet dennoch ein gutes Training. Nach dem Training sind wir mit einer kleinen Gruppe noch in ein nahe gelegenes Restaurant essen gegangen. Ein typischer Bujinkan-Seminar-Abend, aber hier ist scheint es ein einfacher Abend nach dem Training zu sein. Ich freue mich schon auf das nächste mal 🙂

Basis-Training bei Sayaka Oguri
Auch an einem Sonntag kommt das Training nicht zu kurz. Der Plan besagte Training bei Kan-Sensei um 12.00 Uhr im Honbu-Dojo. Allerdings hatten wir den Plan falsch gelesen, und nicht gemerkt, dass es gar kein Training gab, da dies nur am dritten Sonntag im Monat stattfindet. Aus diesem Grund gab es doch einen sehr entspannten Start in den Tag, mit Kaffee, Snacks und einem Ausflug nach Kashiwa. Abends sind wir dennoch zum Trainieren gekommen, wieder bei Rob in Matsuda.
Als Highlight NACH dem Training von Rob sind wir noch vor Ort geblieben und haben mit Sayaka-Sensei trainiert. Sayaka ist die die Tochter von dem leider bereits verstorbenen Oguri-Sensei. Oguri-Sensei war einer der Chitenno, einer der vier ganz großen Lehrmeister im Bujinkan. Zusammen mit Noguchi-Sensei, Nagato-Sensei und Senno-Sensei (der leider ebenfalls schon verstorben ist) wurde Oguri-Sensei von Soke dieser Titel verliehen. Bevor er starb, hat er seine Tochter in allen relevanten Grundlagen unterrichtet, die diese jetzt weitergibt. Und genau dieses Training konnten wir mitmachen. Auch wenn es total fokussiert auf die grundlegendsten Techniken war, so waren doch die Erklärungen zu den Techniken für mich besonders erhellend. Im Prinzip wurde in dieser Unterrichtsstunde die Verbindung von Karate-Basics und den Bujinkan-Grundlagen, die ich von Florian habe, auf der einen Seite, und den neuen Inhalten aus dem Training von und mit Rob. Natürlich muss das noch in Gänze austrainiert werden, aber da komme ich mit Sicherheit noch zu.

Typisch Japan
Der erste Montag in Japan fing an wie fast alle Tage: Mit Training in Robs eigenem Heim-Dojo. Da es der letzte Tag hier in Japan für unsere Freunde aus Ungarn war, durften diese sich das Thema aussuchen. Trainiert haben wir deshalb wieder die vier Phasen in einem Kampf, verbunden mit Totoku (Quasi wie immer). Anschließend ging es zu Nagato-Sensei ins Honbu-Dojo. Die Techniken waren wieder ein wirres Durcheinander, aber im Kern ging es nur um die Bewegung im toten Punkt des Gegners, dem „Zeropoint“ wie Rob es immer nennt. Da ich mit Florian sehr offensiv in der Mitte trainiert hatten, wurde uns viel gezeigt aber auch viel verbessert. Dennoch konnten wir ziemlich viel mit Nagato-Sensei direkt zusammen trainieren und das sogar im Honbu-Dojo. Für mich als Grüngurt, der das
erste Mal im Japan ist, war diese Gelegenheit doch schon etwas besonderes.
Der Rest des Tages verlief recht unspektakulär. Jedoch waren wir noch in Robs Lieblings-Rahmenrestaurant in Matsuda. Wie sich herausstellte, war dieses Restaurant dahingehend besonders, als dass man zwar wie in einem normalen Restaurant essen kann und bedient wird. Für die Bestellung muss man jedoch an einen am Eingang stehenden Automaten und sich dort eine Gerichts-Marke ziehen. An und für sich ein bestimmt praktisches Konzept, da sich die Belegschaft besser um alle Kunden kümmern kann (da ja alle schon ihr Essen quasi ausgesucht haben, wenn sie reinkommen), allerdings ist ein besetztes Restaurant MIT einem Automaten schon unfassbar japanisch für mich.
Leichte Überforderung
Wie sich herausstellte, war es kein Aprilscherz mit der Japanreise. Wir waren immer noch da. Der Rest des Trainingstages könnte man aus meiner Sicht jedoch als schlechten Witz bezeichnen: es war mal wieder ein Tag, an dem rein gar nichts funktioniert hat. Beim Training mit Noguchi-Sensei wurden wieder extrem viele Kata durchgezogen. Zwar hatte Sensei alle bei Rob vorkommenden Dinge gezeigt und erwähnt, allerdings lag sein Fokus sehr auf den Kata. Ungewohnt, aber dennoch ein aufschlussreiches Training.
Anschließend haben wir in Kashiwa in einem kleinen Schnellimbiss gegessen. An und für sich nichts besonderes, jedoch konnten wir unser Essen am Platz mit einem Tablet bestellen. Das war ziemlich cool. Danach ging es zu Rob nach Matsudo. Da die Ungarn bereits abgereist waren, gab es für Florian und mich Einzeltraining. Das hatte den charmanten Vorteil, dass Rob sich meiner Probleme mal intensiv annehmen konnte. Es gab viele Gute Hinweise, am Ende habe ich auch was hinbekommen, aber das Ergebnis braucht noch Zeit, um sich zu festigen. Als kleinen Cheat-Code hat Florian mir direkt nach dem Training noch empfohlen, einen Zehn-Minütigen Powernap einzulegen, um die gezeigten Inhalte besser aufzunehmen. Aus Angst davor, einzuschlafen wurde aus dem Powernap eine spontane Meditationseinlage.

Fragen über Fragen
Der Trainingstag schlecht hin. 1x Rob, 2x Honbu-Dojo. Das Training mit Rob begann im Vergleich zum Vortag mit unglaublich viel Erfolg. Wir haben etwas zum Thema Weight-Shifting gemacht, dass ich zwar halbwegs verstanden habe, aber noch nicht in Worte fassen kann. Wichtig ist jedoch, dass es funktioniert hat.
Anschließend gab es Frühstück und es ging ins Honbu-Dojo. Das erste Training war bei Nagato-Sensei. Hier wurde wieder der übliche Nagato-Kram gemacht, aber durch die intensiven Kurse mit Rob hat es langsam „Klick“ gemacht. Ich konnte fast ohne größere Probleme folgen. Auch die Fragerunde mit Sensei war sehr aufschlussreich für mich. (F) Mir war aufgefallen, dass Sensei IMMER, wenn er betont, man soll seinen Gegner guarden, eine Drehung in seine Technik einbaut und das guarden durch den Rücken macht.
Die Frage, die ich nun gestellt habe, war: Ist das mit Absicht, um etwas zu demonstrieren, oder macht er das als reine Technik. (A) Die Antwort kam, wie von Florian prophezeit sehr kryptisch: „Good Question. You see my technique? Very good!“ Übersetzt kam anschließend hinterher, dass es natürlich immer wichtig ist, seinen Gegner zu guarden, also Totoku anzuwenden. Aber es dies geschieht nicht (ausschließlich) durch die Hände, sondern durch die eigene Körperbewegung. Sehr schlüssig zu den Inhalten von Rob. Nach dem Training mit Nagato-Sensei gab es in Noda einen kleinen Rundgang: Am lokalen Tempel vorbei zu einer Poststation, um meine Postkarten abzusenden und anschließend zu einem Nudelsuppenladen. Diese Dinger gibt es überall, in jeder erdenklichen Art und Weise und ich muss zugeben, überall sind die Nudelsuppen mega gut!
Ein spezielles Training
Danach stand das letzte Training des Tages an: Paul Masse von 19.00 bis 21.00 Uhr. Gemacht wurde…. Tja, ehrlich gesagt ist das eine Gute Frage, was genau wir machen wollten. Einen Lehrplan konnte ich nicht wirklich erkennen, einen bestimmten Punkt hatte er auch nicht versucht rüber zu bringen. Jedoch war das entstandene Durcheinander hervorragend, um die von Rob erlernten Inhalte mal anzuwenden. Und das hat unfassbar gut funktioniert. Ähnlich wie Nagato-Sensei hat auch Paul eine Pause eingelegt. Jedoch hat er, in Anlehnung an Sokes Unterricht, Kalligrafie erstellt. Und die erstellten Kunstwerke sind unglaublich gut geworden. Florian hat ein Kunstwerk für unser Dojo erhalten und ich konnte eine Kalligrafie für Alex erstehen. Als Geburtstagsgeschenk und für seinen weiteren Werdegang.
Die letzte Halbe Stunde im Training war auch äußerst spannend und ließ den inneren Nerd komplett heraus: Wir durften Shuriken im Hombu-Dojo werfen. Etwas, was definitiv sehr wenige Leute nur gemacht haben. Geworfen wurden Bo-Shuriken. Das Prinzip war mir zwar schon bekannt, aber bekanntlich macht nur Übung den Meister und geübt hatte ich schon lange nicht mehr. Mit ein wenig Sofort-Coaching aus dem Off von Florian lief das aber flott an. Damit war der Tag auch schon geschafft. Viel Training, viel Inhalte und viel Erschöpfung, aber aus Bujinkan-Sicht ein sehr besonderer Tag mit vielen guten Geschichten zum erzählen und weitergeben.

The Office
Der erste Tag Pause. Geplant war ein kurzes Training bei Rob zuhause um dann ins Honbu-Dojo-Office zu fahren um dort den Papierkram (Urkunden, Graduierungen etc.) zu erledigen. Aufgrund von akutem Schlafmangel fiel das Training morgens jedoch aus und es ging direkt zum Office. Eigentlich sollte es nur ein kurzer Ausflug werden, um ein paar Urkunden zu organisieren. Doch für mich als Quasi-Beamten nicht überraschend, ist so ein „Besuch auf dem Amt“ sehr langwierig. Dennoch war der Besuch sehr aufschlussreich, in zweierlei Hinsicht. Zum einen konnte ich einen kleinen Einblick in Sokes „Krimskrams-Sammlung“ erhalten. Das Ganze Büro war ca. 20x30m groß, trotzdem gab es kaum Platz. Eine Wand war nur mit alten Schwertern zugestellt (ich habe nicht genau durchgezählt, aber mehr als 100 waren es bestimmt).
Ein Drittel des Raumes war mit Mitbringseln und Dingen zugestellt, die Soke im Laufe seines Lebens erhalten oder erstanden hatte. In der Mitte des Raumes gab es einen kleinen Schreibtisch, an dem dann der „offizielle Teil“ des Bujinkan erledigt wurde: Merch kaufen und Urkunden besorgen. Der Teil läuft exakt so ab, wie ein Besuch auf dem Amt. Nummer ziehen, Formular vorzeigen, Anliegen vortragen, gesagt bekommen, dass es das falsche Formular ist, Unterschriften nachholen, Daten überarbeiten, Unstimmigkeiten klären, Fristverletzungen erklären, sich auf Wartelisten setzen lassen… Ich glaube das verdeutlicht den Punkt.
Bürokratie japanischer Art
Das führt mich auch zu meinem zweiten Punkt. Ich nenne es mal: „die dunkle Seite des Bujinkan“. Urkunden sind obligatorisch für die Anerkennung eines Ranges im Bujinkan. Außerhalb des Bujinkan bringen diese Urkunden jedoch nichts. Die einzig „wichtigen Formulare“ sind die Urkunde zum 4. Dan (um den 5. Dan zu beantragen), die Urkunde zum 5. Dan (um die Shidoshi-Lizenz zu beantragen) und die Shidoshi-Lizenz. Mit dieser darf man sein eigenes Dojo aufmachen und dort unterrichten. Alles in Allem kostet das ~ 300 €. Also noch ein relativ moderates Investment, grade für sein Hobby. Alles davor (3. Dan abwärts) wird nicht kontrolliert und nicht eingetragen. Alles ab dem 5. Dan wird akribisch getrackt und kostest unverschämt viel Geld, dafür dass man quasi nur ein Stück bedrucktes Pergament in die Hand bekommt. Seit Soke selbst nicht mehr das Bujinkan leitet (altersbedingt aus gesundheitlichen Gründen), wird auch super streng die Einhaltung des Graduierungsweges kontrolliert. Was genau ich davon halten soll weiß ich ehrlich gesagt nicht. Aber es ist für mich zum Glück nur ein kleiner Teil, und da ich auch noch kein Dan-Träger bin, ein Problem in weiter ferne für den Zukunfts-Thorben.

Hanami – Kirschblüte in Japan
Der letzte Touri-Tag in Japan. Morgens haben wir für Rob ein paar Zeropoint Revolution Videos
gedreht. Thema war Jodan-Uke. Anschließend ging es in den Ueno-Park um das Kirschblütenfest zu feiern. Das Kirschblütenfest ist wohl vergleichbar mit Ostern in Deutschland. Es hat jedoch eher den Charakter eines landesweiten Volksfestes. Überall waren Buden aufgebaut, es gab Live-Musik und vor allem alles in Sakura-Version (Sakura ist das japanische Wort für Kirschblüte). Sakura-Mochi, Sakura-Burger und, für mich als Deutschen besonders interessant: Sakura-Bier. Der Hype war groß, aber es stellte sich heraus, dass Sakura-Bier einfach nur Bier mit einem Schuss Sirup ist. Es war zwar nicht ekelig, aber es hat irgendwie falsch geschmeckt.
Nach dem Besuch auf dem Kirschblütenfest ging es zurück nach Matsudo zum Training. Dort konnten wir die am Vormittag aufgenommenen Inhalte austrainieren. Im Anschluss an das Abendbrot ging es dann noch zu einer Ur-Japanischen Traditionsaktivität: Karaoke! Als Nationalbewusste Deutsche haben wir natürlich Klassiker präsentiert und uns nur halbwegs zum Affen gemacht. Immerhin konnte keiner verstehen, was wir gesungen haben und keiner wusste, wie das Lied eigentlich ging. Fehler blieben also unbemerkt. Auch wenn es eine Menge Spaß gemacht hat, glaube ich nicht dass Karaoke mein neues Lieblingshobby wird.

Der krönende Abschluss
Auch wenn bei uns Samstags immer ein entspannter Wochenendtag ist, wurde dieser der intensivste und coolste Trainingstag der gesamten Reise. Begonnen haben wir wie immer, zuhause bei Rob mit einem intensiven Training. Trainiert wurde Ninja-Slap-Hands und damit Querfeld ein durch die meisten Techniken und Prinzipien. Das Training war eine Vorbereitung für das Nachmittags-Event. Ein „Kampfkunst-Meet-Up“. Rob nahm uns mit nach Kashiwa. Dort haben wir uns mit verschiedenen Kampskunst/ und -Sportbegeisterten getroffen und 3 Stunden lang von jeder (vertretenen) Kampfkunstart etwas trainiert. Die erste Stunde gab es Tai Chi Lockerungsübungen.
Interessant und sehr ähnlich zu den mir bekannten Karate-Übungen. Jedoch war der Stand runder und die Bewegungen flüssiger als alles was ich in dieser Richtung kannte. Die zweite Stunde hat Rob unterrichtet. Thematisch haben wir im Prinzip an unseren Inhalten gearbeitet, aber die Erklärungen wurden etwas allgemeiner gehalten, damit alle anderen auch folgen konnten. Die letzte Stunde wurde Randori durchgezogen. Zwei Minuten Pro Partner, dann durchrotieren. Sehr viel Randori und sehr viel verschiedene Gegner, aber es war eine hervorragende Gelegenheit Erfahrung mit anderen Gegnern zu sammeln, die nicht genau wissen, was man selber machen möchte und gelernt hat.
Das Ganze Event wird dort regelmäßig organisiert. Verschiedene Kampfkünstler können sich so mal auf einer Meta-Ebene über Techniken austauschen und üben. Eine super Idee, die auch verschiedene Leute näher zusammenbringt. Wir werden auf jeden Fall mal versuchen, so ein Event zuhause nachzubauen. Der Abend klang dann mit einem Training mit Nagato-Sensei aus. Trainiert wurde wieder der übliche Kram, aber auch dies war nochmal eine super Gelegenheit, alle neuen Dinge der letzten zwei Wochen zu wiederholen. Nach dem Training gab es jedoch wieder einen typischen Abend nach einem Bujinkan-Seminar: Viele tolle Leute, gute Gespräche, leckeres Essen und eine mega Stimmung. Ein Super Abschluss der zwei Wochen Bujinkan-Urlaub. Besser hätte es nicht werden können.

Auf Wiedersehen, Japan!
Der letzte Tag in Japan begann wie jeder letzter Tag einer Reise: Aufräumen und Koffer packen. Dann alles sauber machen und ein letztes japanisches Frühstück genießen. Es hat sich definitiv ausgezahlt, dass ich einen zweiten kleinen Koffer dabei hatte. So gab es trotz der vielen Andenken kein Platz-/ oder Gewichtsproblem. Als Abschlusstraining bei Rob gab es nochmal eine Recap-Stunde. Florian und ich mussten quasi alle Inhalte der vergangenen zwei Wochen nochmal uns gegenseitig unterrichten. Dazu gab es Korrekturen und nochmal die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Eine hervorragende Gelegenheit, alles nochmal unter einen Hut zu bekommen und so zu verpacken, dass wir in Deutschland daran
weiterarbeiten können.
Dann ging es los zum Flughafen Narita. Da unser Flug erst spät abends losging, hatten wir die Gelegenheit genutzt nochmal den Fudo Myoo Tempel zu besichtigen. Eine wundervoll traditionell gestaltete Straße führte zu einer für japanische Verhältnisse gigantische Tempelanlage. Ein wirklich beeindruckender Anblick, doch hat man das erste Staunen überwunden, hatte ich das Gefühl, dass das Gesamtbild nur so beeindruckend wurde, da alles andere drum herum sehr klein (also japanisch groß) war. Trotzdem ein beeindruckender Tempel. Nach einem letzten Besuch in einem Nudelsuppenrestaurant ging es zum Flughafen und dann wieder zurück nach Europa.

Fazit
Der letzte Tag der Japan-Reise. Trotz eines wehmütigen Endes der Reise ist es schön gewesen, wieder zuhause zu sein. Der Flug war unglaublich ätzend. Dann warten in Warschau, dann wieder Fliegen. Ich vermute, das gehört einfach dazu. Das erste was mir zuhause wieder aufgefallen ist, sind die Züge und die Menschen darin. Züge waren unpünktlich, Leute waren dreckig und alles war viel lauter als in Japan. Ob das so viel besser ist? Ja, Japan war besser…
Der letzte Akt der Reise war das auspacken der Sachen. Dabei wurde klar, ich hatte viel zu viel Krams dabei. Immerhin ein Lerneffekt für eine zweite Reise. Was steht nun aber als Fazit am Ende: Es war eine unglaubliche Reise. Die Flüge waren zwar super anstrengend, aber den Aufwand allemal wert. Wir haben viele interessante Leute getroffen, viel von Tokyo und der japanischen Kultur „in echt“ erkundet und viel effektives und spannendes Training gehabt. Ich hoffe, dass ich mal wieder die Gelegenheit habe, einen solchen Urlaub zu machen.